Weissu?

5. Oktober, 2010

Ich könnte manchmal Seitenweise nur über einen einzigen Moment schreiben. Über die Schönheit des lautstarken Froschorkesters neben meiner Isomatte, über den Wind der meine behaarten Beine kühlend hinaufwandert, über die Melodie der Dutzend Bamboo-Windspiele auf der Terrasse oder über das befriedigende Gefühl in mir, wenn die Nagelschere den Dreck unter meinem Mittelfinger herauspuhlt. Jetzt jedoch, schreibe dann doch lieber über meinen Tag. Es ist 22:40 und ich bin gerade zu Hause angekommen und sitze nun in Boxershorts vor meinen MacBook. Ich fühle mich so fantastisch wie seit Monaten nicht mehr. Ich spühre nichts als Liebe in mir, für alles und jeden um mich herum. Ich kann dieses Gefühl nicht wirklich in Worte stecken, aber es fühlt sich sehr gut an.

Als ich heute morgen aufwachte, mit schmerzendem Nacken und dröhnendem Schädel, dachte ich nur: „Kacke ey!“. Alles ist behindert und ich weiß nicht einmal mehr was verliebt sein ist. Ich jammerte ein wenig still vor mir hin, das verliebt sein damals viel besser war, ohne all diese Selbstzweifel. Ich sitz direkt neben ihr und sie sieht mich nichtmal, obwohl ich doch direkt vor ihrer Nase bin. Ich kann manchmal schon verdammt tief leiden. Rick raf mich an und sagte unser Treffen für Nachmittags wegen was weiß ich ab. Klasse, direkt gleich noch mehr Zeit zum leiden. Ich fuhr schlaftrunken zu Brian und half ihm mit seinem sowieso zum Scheitern verurteilten Projekt. Halbherzig unauthentische Arbeit um überleben zu können und sie sieht mich nicht einmal. Verliebt sein fühlte sich mal anders an.

Um zwölf klingelte mein verficktes Telefon schon wieder und Rick meinte, wir könnten uns nun doch Treffen. Mein Schädel schmerzte, aber ich sagte zu, kann ja nicht beschissener werden. Ich versuchte James in der Stadt zu finden um mit ihm Mittag zu essen. Die Straßen waren natürlich vollkommen blockiert, weil diese behinderten Touristen alles überfüllen. Ich bestellte aus versehen etwas mit Schwein und aß es dann zur Strafe, weil der Tag eh gelaufen war. Ich fuhr, natürlich viel zu spät, zu Rick und mein Kopf war nach den 30 Minuten auf dem Roller kurz vorm Platzen.

Sein Heim ist atemberaubend und erholsam-ruhig gleichzeitig und meine Lebenfreude ließ ein wenig nach. Wir schnackten ein paar Minuten und auf einmal saß ich in seiner Therapiestunde und wühlte in meiner frühen Kindheit. Auch das will ich nicht in Worte quetschen, aber es war phenomenal. Voller Emotionen, aber dennoch ruhig und dramalos. (An dieser Stelle ist es ziemlich ungünstig, dass mein Tagebuch für alle lesbar ist, denn wir sprachen über ein höchst interessantes Projekt verknüpft mit einem Jobangebot, was allerdings noch geheim bleiben muss.) Mein Schädel brummte jetzt so richtig los und mir kam ein kurzer Gedanken, ob das vielleicht mit der Kindheitsgeschichte von eben zu tun hätte. Ich bat ihm um ein Schmerzmittel und düßte zurück nach Ubud um halbwegs pünktlich bei James BioDanza anzukommen. Ich fühlte mich ziemlich erfrischt nach Ricks Eingriff, aber regte mich noch über meinen nach vergammeltem Wasser stinkenden Poncho auf.

Voller Adrenalin (vom schnellen fahren) und gemischter Gefühle hüpfte ich dann in den bereits Tanzenden Kreis. Mein Kopfweh waren beinahe weg und die nächsten 90 Minuten voller Tanz waren wunderschön. Rodolfo sagte in einer kurzen Wasserpause zu mir: „Du fühlst dich so an, wie damals als du frisch auf Bali ankamst.“. Er kann verflucht feinfühlig sein. Ich war beeindruckt. Ich genoss das Tanzen sehr, auch wenn es eine Qual ist mit diesen feurig unsensiblen Menschen zu tanzen. Ich versucht immer die ruhigen auszuwählen. Egal, danach fuhren wir noch ins Mina um gemeinsam zu essen, zu schnacken und diese liebevolle Energie ausklingen zu lassen. Ohne Frauen wäre mein Leben so trostlos und langweilig. Ich liebe dieses Leben.

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