Adrenochrom

21. Juni, 2010

Wenn ich bei meinen Eintragstiteln doch nur immer so einfallsreich wäre. Vielleicht stimulieren die Schmerzen aus meinen Nebennieren mein Gehirn, sodass es kreativer wird. Seit heute Morgen habe ich einen leicht unangenehmen Schmerz im Rücken. Zu Beginn, sträubte ich mich ängstlich gegen den Schmerz. Zerfledderten die Antibiotika meine Nebennieren, oder arbeitenden diese nur normal auf Hochtouren? Ich sprang durch die gerade herunterladenden und nur teilweise fertig gestellten Vipassana-Abendvorträge auf der Suche nach dieser einen Geschichte, da hörte Goenka mir seinem lustigen Englisch etwas von Schmerzen im Rücken sagen. Wie diese eine Stelle sehr schmerzvoll war, direkt daneben der Schmerz weniger war, daneben noch weniger und dann ein paar Zentimeter weiter gar kein Schmerz mehr zu spüren war. Es ginge lediglich darum, sich nicht mit dem Schmerz zu identifizieren… Oh man, das kam ja wie gerufen. Ich grinste lautlos in mich hinein.

Mich überkommt bei Schreiben das Gefühl, dass das Hören der Helge Schneider Hörbücher, die ich selbstverständlich legal im Internet gekauft hatte, meinen Schreibstil momentan stark beeinflusst.

Mittags machte ich klar Schiff. Die letzten Tage Bettledrigkeit (?!) hatte für eine ziemliche Unordnung gesorgt. Als ich die Mittlere der drei kleinen Schubladen in dem Regal öffnete, in welchem ich meine Kleidung aufbewahrte, und den Handspiegel zwischen Krimskrams rausfischte, zischte auf einmal das Ungeheuer aus dem für mich nicht einsehbaren hinteren Teil der Schublade neben meine Hand hervor. Ich zuckte zusammen, machte einen Satz rückwärts und trat ninja-artig die Schublade mit meinem nackten Fuß zu. Ich hatte keine Probleme meinen Herzschlag zu zählen…

Nach diesem Schock, wagte ich einen kleinen Spaziergang zur Wäscherei, obwohl die Mittagssonne draußen brannte. Meine Augen waren noch verquollen und nur halb geöffnet, aber der eigentliche Grund für meinen Spaziergang war stark genug dies in Kauf zu nehmen. Nachdem ich meine Wäsche abgeholt hatte ging ich direkt noch die 20 Meter weiter und kaufte mir ein… nein, wenn ich schonmal hier bin, zwei Eis. Auf dem Rückweg sah ich 50 Meter vor mir zwei „energetisch Interessante“ Westländer gerade auf einen Roller steigen, ich schaute nicht genauer hin, da die Sonne meinen Augen stark zusetzte. All die anderen Balinesen und Westländer auf ihren Rollern nahm ich wahr, ignorierte ich jedoch. Eben nicht interessant. Ein paar Sekunden später schrie eine junge Stimme vor mir: „Heeeeeeyyy!“. Ich schaute auf und sah das junge Mädchen mich stolz anlächeln, nach dem Motto: „Hey, Till, schau mal, ich kann schon Roller fahren! Schau mal!“. Ihr Lächeln war bezaubernd und Freude erfüllte meinen ganzen Körper.

Ich hatte sie vor ein paar Tagen bei Tera kennen gelernt und später stundenlang mit ihr und Tera im Pool rumgepimmelt. Sie machte etwas vor und ich musste es dann nachmachen. Wenn ich nicht aufmerksam genug war, versuchte sie mich zu ertränken, oder forderte mich zu Wettbewerben, à la „Kannst du das aaaaauuch?“ heraus. Ich weiß ihren Namen nicht mehr, ich bin wirklich grottig mit Namen. Auf jeden Fall war sie 12, doppelt so jung wie ich. Tera war doppelt so alt wie ich und wies mich mit einer illustrativen Gesichten aus ihrer Kindheit darauf hin, dass die Kleine wohl in mich verliebt sei. Dieses Gefühl hatte mich ebenfalls schon beschlichen. Machte das irgendeinen Unterschied? Ne, ok egal…

Als ich nach meinem Spaziergang wieder in den schattigen Eingangsbereich der Villa trat, freuten sich meine Augen deutlich und entspannten sich sogleich. Während ich auf dem Bett saß und mittlerweile mein zweites Eis weg schnullerte, überkam mich ein schlechtes Gewissen. Soll ich sie wirklich darin verrecken lassen? Wie lange würde sie wohl ohne Nahrung überleben? Ich vergewisserte mich, dass die Rückseite der Schubladen versiegelt war. Ficken-Kacken! Ich öffnete rasch aber vorsichtig die Schublade einen Spalt, gerade genug für sie um herausklettern zu können und hoffte, dass sie mich heute Nacht nicht auffressen würde.

Abend aß ich mit Tera in einem Dewas Warung. Ich erzählte ihr voller Freue von den vielen Erlebnissen, Einsichten, während meiner Erkrankung und dabei wurde mir klar, dass ich nicht Schlimmes an der Infektion sah, nur wunderschöne Gelegenheiten - gerade die Angst. Ich bin ja schon ziemlich geil. Vor allem weil ich diese Erkenntnis meiner übermenschlichen Geilheit jedes Mal, wenigen Minuten nach dem ich sie habe, wieder vergesse. Hach ja, meine Zweifel.

Es gibt Gruppen in denen ich einfach nur still am Rand sitze und nur spreche wenn ich etwas gefragt werde. Ich vermeide diese dumpfe Frequenz. Irgendwie treffe ich jedes mal wenn ich vor Einsamkeit davonlaufe diese Art von Gruppe. Fick dich, Universum.

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